Müsste echte Religionsfreiheit (vgl. Art. 4, GG) nicht eigentlich automatisch mit einem vollständig säkulären (bis laizistischen) Staat einhergehen?

6 Antworten

1555 wurde im Augsburger Religionsfrieden einst der Grundsatz aufgestellt:

Cuius regio, eius religio (der Herrscher eines Landes ist berechtigt, die Religion für dessen Bewohner vorzugeben).

Seit 1776 (Gründung USA)/1789 (Franz. Revolution) ist die Religionsfreiheit als Menschenrecht definiert - jedem Bürger wird diese Freiheit durch den Staat gewährleistet. Sie kann von einer radikalen Trennung von Staat und Kirche (wie in Frankreich) bis zu einer wohlwollenden Kooperation (wie in Deutschland) ausgestaltet werden. Hierbei spielen kulturelle oder historische Besonderheiten eine Rolle - daneben gibt es noch die Möglichkeit völkerrechtsverbindlicher Verträge (wie in Deutschland: Reichskonkordat von 1933 zwischen dem Deutschen Reich und dem Heiligen Stuhl (einziger völkerrechtsverbindlicher Vertrag der Nationalsozialisten, der noch in Kraft ist).

Man unterscheidet auch bei Artikel 4 GG zwischen Gestaltungsauftrag und Abwehrrecht.

Gestaltungsauftrag

Religionsfreiheit heißt nicht, daß die Glaubensgemeinschaften tun und lassen können, was sie wollen - sie sind eingebettet in das Rechtssystem.

Gewisse innerreligiöse Angelegenheiten und Besonderheiten werden auch geschützt und gehen teilweise den anderen Rechten vor (z. B. Ausnahmen vom Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz AGG) - auch Grundrechte können innerhalb der Religionsausübung eingeschränkt werden (z. B. freie Meinungsäußerung) - dagegen werden z. B. Witwenverbrennungen oder Menschenopfer nicht geduldet.

Das Grundgesetz hat die Passagen der Weimarar Republik übernommen und hat mit einigen Religionsgemeinschaften wohlwollende Partnerschaften, teilweise im Rahmen einer Körperschaft des öffentlichen Rechts geschaffen. Der deutsche Staat gewährt einige Vorzüge aber er erwartet auch, daß die Religionsgemeinschaften verfassungstreu sind - weitgehend funktioniert das auch recht gut, auch wenn es Kritik gibt und die Zugehörigkeit zu den "klassischen" Religionsgemeinschaften äußerst rückläufig ist.

Abwehrrecht

  • Für den Bürger bezieht sich Artikel 4 GG auf das höchstpersönliche Recht, eine Religion oder Weltanschauung freier Wahl auszuüben, ohne daß der Staat dies verbieten oder vorschreiben kann.

Deutschland stellt allerdings weltweit eine Besonderheit dar.

nun sobald diese gegen Menschenrechte verstößt oder bei Personen wie auch immer zum Nachteil führt überwiegt das GG. Die Zeiten wo durch Glaube Menschen zu Tode gequält wurden sind vor allem in westlicher Zivilisation vorbei.
Anders sieht es in Afghanistan Irak usw aus wo besonders Frauenrechte durch Irrglauben nicht beachtet werden


verreisterNutzer  01.04.2023, 10:00

Naja in vielen europäischen Ländern, aber bei uns in D doch nicht.

Wer schwul, lesbisch oder wiederverheiratet ist, darf in vielen Branchen seinem Beruf nicht mehr nachgehen sobald es auffliegt.

Wer sich öffentlich negativ gegenüber der Kirche äußert wird wegen Gotteslästerung verurteilt.

Musik- und Tanzverbote an heiligen Tagen.

Politische Sonderrechtsprechung für dominierende Religionen, Staatsfinanzierung von Einrichtungen, finanzielle Verfolgung und Belastung von Aussteigern durch den Staat

usw.

Natürlich nicht so krass wie in manch anderen Ländern, aber säkulär? Deutschland ist nicht säkulär.

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Du hast recht !

Thou hast no right but to do Thy Will 😇 !

Der Art. 4 Abs. 2 GG ist ein Einfallstor für Sonderrechte, etwa für das Schächten oder die Zirkumzision. Zudem ist der Islam so gesehen keine grundrechtsfähige Religion, zumal eine nachhaltige Säkularisierung fehlt. Prof. Karl Albrecht Schachtschneider hat den Islam mal analysiert, ist dann aber weiter nach rechts gerutscht.


guitschee 
Fragesteller
 01.04.2023, 10:07

Nun, mir geht es hier nicht vorwiegend um den Islam, denn der ist zum Glück nicht prägend für unsere Politik.

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BelfastChild  01.04.2023, 10:19
@guitschee

Also die CDU ist nicht mehr so christlich und konservativ wie früher. Für den Islam gibt es gar Islamkonferenzen und immer mehr Islamisten unterwandern unseren Staat.

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Der Staat hat viele Grundrechte zu schützen, daher muss er immer eingreifen. Und ist es nur die negative Ausprägung der Religionsfreiheit, die besagt, dass du nicht gegen deinen Willen mit Religion berieselt werden darfst.