Ich will dir mal ein wenig aus meiner Erfahrung erzählen. Fällt mir nicht ganz leicht und vielleicht schaffe ich's nicht, das alles in nachvollziehbaren Zusammenhängen wiederzugeben und manches wirkt vielleicht etwas "weird".
Ich lag im Krankenhaus mit einem heftigen Herzinfarkt und wusste, dass ich eine 50/50-Chance hatte, DAS zu überleben und wollte auch durchaus nicht um jeden Preis weiterleben, aber das ist eine andere Geschichte. Ich war in jedem Moment wach zu diesem Zeitpunkt.
Ich habe also mein Handy genommen und eine Frau angerufen, die einfach mein Halt, meine Stütze und mein einziger Grund zum weiterleben war und ist, auch bei dem anderen Mist, den ich zu dieser Zeit ertragen musste. Und wir haben geredet, während ich an diversen Schläuchen und Kabeln hing. Geredet und geredet, weil wir beide wussten, dass DAS unser letztes Gespräch sein könnte. Über alles. Über Angst, Wege zum Glück, gemeinsame und persönliche Erlebnisse, alles was uns in den Sinn kam und was noch wichtig war.
Währenddessen habe ich dann - wohl auch durch ihre Präsenz in meiner sehr kleinen Welt die Einwilligung zum Herzkatheter unterschrieben. Wir haben erst aufgelegt, als ich in den OP geschoben wurde. Und während die Ärzte dort an mir rumgewerkelt haben stand ich auf einmal in dem Tunnel, den man sich so vorstellt und habe mich sehr frei gefühlt.
Doch dann stand diese Frau dort, flankiert von meinen beiden Katzen, die ich über alles liebe. Und sie sagte mir "Du darfst nicht weitergehen, weg von uns... wir brauchen dich noch. Die Beiden und ich". Ich sagte "Ich kann nicht mehr, ich muss weitergehen". Sie schaute so unsagbar traurig und auch meine Tigerchen guckten mich traurig an. Und dann hat sie mir eine geknallt, wie ich noch nie eine geknallt bekommen habe. Und in diesem Moment ich war wieder im Katheterlabor und hörte die Ärzte sagen "gut, wir haben ihn wieder".
Ich war etwa 90 Sekunden tot.
Mein kurzer Tod - so nenne ich das - hat mir klargemacht, wie wertvoll das Leben ist, aber gleichzeitig auch die Angst davor genommen, irgendwann gehen zu müssen. Gleichzeitig habe ich seit dem eine tiefe Seelenverbindung mit dieser Frau, die weit über die Liebe zu einer Partnerin hinaus geht (und für meine tatsächliche Partnerin, die ich erst nach diesem Ereignis kennengelernt habe teilweise schwer nachvollziehbar ist).
Das geht so weit, dass ich es körperlich spüre, wenn es ihr schlecht geht, selbst wenn sie nicht bei mir ist.
Und auch dazu, dass SIE die Einzige ist, die ich niemals fallen lasse, egal was passiert. Und sie hat mir in der Zeit danach mehr als einmal so weh getan wie niemand anders zuvor. SIE darf das, denn SIE ist hat mich im Tod abgeholt und ins Leben zurükgebracht, auch damit ich meine so unglaublich tolle Partnerin kennenlernen könnte und mit ihr so viel Glück erleben darf.
Mir hat das klargemacht, wo ich hingehöre und für wen mein Herz noch schlagen muss.
Ich habe keine Angst mehr vor dem Tod, denn wenn er kommt dann wird er mir Frieden bringen. Aber das Leben ist der Weg dahin und ich muss es leben, bevor ich dort ankomme. Für Sie, für meine Katzen, für meine Partnerin und für alle, die mir noch begegnen und für mich, damit ich noch meine Aufgaben erfüllen und Glück finden kann.
Heute trage ich dieses Bild, was ich im Tod gesehen habe als Tattoo auf der Brust, direkt über meinem Herzen. Und meine Katzen liegen jeden Abend bei mir und meiner Partnerin im Bett und die Frau, die bei mir war im Tod ist mir eine Schwester geworden, nicht durch Blut und gemeinsame Eltern, sondern durch die Berührung unserer Seelen.
Ist jetzt knapp 3 Jahre her und jährt sich im September wieder, dieses Erlebnis und ich feiere diesen Tag heute wie einen Geburtstag - mit Ihr exklusiv im besten Restaurant, das ich kenne und danach mit einigen wenigen Menschen, die ich sehr gerne habe.
Nimm den Tod als Ende eines langen Weges an und gehe diesen Weg jeden Tag mit Freude. Was kommt kommt, aber es wird noch lange dauern bis es soweit ist. Sehne ihn auch nicht herbei, denn wenn er zu früh kommt verlierst du das Werkzeug für dein positives Wirken auf dieser Seite. Begegne ihm aber auch nicht mit Angst oder Schrecken, denn wenn er zu dir kommt und es an der Zeit ist, mit ihm zu gehen wird er dir als Freund begegnen und dir nochmals zeigen, WAS du bist und warst, dich daran erinnern was zählt und dir Zeit geben, das zu begreifen.
Ich durfte das lernen und mit dieser Lehre zurückkehren. Und DAS ist mein größtes Geschenk und ich ehre es jeden Tag, indem ich das Leben lebe, wann immer es geht, meine Pflicht tue und bemüht bin, ein Gewinn für alle zu sein, die mir begegnen. Und ich habe auch vor nichts mehr angst im Leben, denn schlimmstenfalls holt mich mein Freund auf seine Seite. Er wird nur böse mit mir sein, wenn ich durch Leichtsinn oder eigene Schuld auf ihn treffe. Unsere Verabredung ist erst in ferner Zukunft, aber wenn sie kommt wird es ein freudiges Wiedersehen für uns beide.